Wenn die Weihnachtszeit näher rückt – Zwischen Vorfreude, Verpflichtung und innerem Druck

Die Weihnachtszeit gilt als Zeit der Wärme, Nähe und Besinnlichkeit.
Lichter, Rituale, gemeinsame Treffen – all das kann wunderschön sein.

Doch für viele Menschen ist die Weihnachtszeit nicht nur eine Zeit der Freude, sondern auch eine Zeit der Belastung.
Eine Zeit, in der Erwartungen, Verpflichtungen und alte Verletzungen stärker spürbar werden.

Gerade in unserer Arbeit sehen wir, wie ambivalent diese Wochen sein können:
zwischen Sehnsucht nach Verbundenheit und dem Wunsch, einfach nur durchzuhalten.


Weihnachten ist nicht für alle eine stille, fröhliche Zeit

Viele Menschen fühlen sich in dieser Zeit gezwungen, in eine Stimmung zu passen, die sie gar nicht haben.
Sie hören Sätze wie:
„Es ist doch Weihnachten, da muss man sich vertragen.“
„Zu dieser Zeit sollte man dankbar sein.“
„Reiß dich zusammen, es sind doch nur ein paar Tage.“

Doch hinter verschlossenen Türen erleben viele genau das Gegenteil:

  • Konflikte in der Familie, die jedes Jahr wieder aufflammen

  • Gefühle von Einsamkeit, obwohl man unter Menschen ist

  • Das Bedürfnis, Erwartungen zu erfüllen, die man gar nicht erfüllen kann

  • Der Druck, „funktionieren“ zu müssen – für die Kinder, für die Familie, für die Außenwelt

  • Das Zurücknehmen eigener Bedürfnisse „um des Friedens willen“

Diese Ambivalenz bleibt oft unausgesprochen – und genau das macht sie so schwer.


Warum die Weihnachtszeit alte Wunden berührt

Weihnachten ist stark emotional aufgeladen.
Es ist eine Zeit voller Erinnerungen – an Kindheit, an frühere Beziehungen, an Menschen, die nicht mehr da sind.

Bei vielen verstärkt sich deshalb:

🌧️ das Gefühl der inneren Leere
🌧️ Schuldgefühle
🌧️ sozialer Rückzug
🌧️ das Empfinden, anders zu sein als „alle anderen“
🌧️ das Gefühl, versagt zu haben

Wer traumatische oder konflikthafte Familiensituationen erlebt hat, spürt diesen Druck besonders stark.
Denn Weihnachten stellt Nähe her – und genau diese Nähe ist nicht für jede Person sicher oder wohltuend.


Wenn Verpflichtung wichtiger wird als das eigene Wohlbefinden

Viele Menschen gehen zu Familienfeiern, obwohl es ihnen schlecht dabei geht.
Sie setzen Masken auf, halten durch und ziehen sich innerlich immer weiter zurück.

Typische Gedanken sind:

„Ich darf die anderen nicht enttäuschen.“
„Ich halte es schon irgendwie aus.“
„Ich muss für die Kinder stark sein.“
„Ein Weihnachtsfest ohne Familie ist kein richtiges Fest.“

Doch der Preis dafür ist oft hoch:
Erschöpfung, Überforderung, innere Not – und das Gefühl, nicht man selbst sein zu dürfen.


Wie wir diese Zeit anders gestalten können

Weihnachten muss nicht so sein, wie es „immer war“.
Es darf anders werden.
Es darf kleiner, leiser, individueller sein.

🌿 Grenzen setzen:
Man darf Einladungen ablehnen – aus Selbstfürsorge.

🌿 Realistische Erwartungen:
Es muss nicht perfekt sein. Nicht harmonisch. Nicht wie im Film.

🌿 Eigene Rituale finden:
Ein Spaziergang, ein gutes Essen, ein ruhiger Abend – das kann auch Weihnachten sein.

🌿 Über Gefühle sprechen:
Oft wird die Last leichter, wenn man ausspricht, wie schwierig diese Zeit sein kann.

🌿 Professionelle Unterstützung annehmen:
Gerade in den Wochen vor Weihnachten steigt der Druck – niemand muss das allein tragen.


Fazit: Weihnachten darf vielfältig sein

Für die einen ist Weihnachten ein Fest der Freude.
Für die anderen eine Herausforderung, die sie emotional an ihre Grenzen bringt.

Beides ist in Ordnung.
Beides ist menschlich.

In der Psychosozialen Spitex begleiten wir Menschen durch diese ambivalente Zeit – mit Verständnis, ohne Erwartungen und ohne Druck, „fröhlich“ sein zu müssen.

Denn Weihnachten muss nicht perfekt sein.
Es muss nur echt sein.

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