Scham & Muttersein – Wenn der Druck grösser wird als das Herz

Scham & Muttersein – Wenn der Druck grösser wird als das Herz

Wenn Liebe nicht reicht – oder sich zumindest so anfühlt

Muttersein ist eines der schönsten, aber auch härtesten Kapitel im Leben.
Man trägt ein Kind, man liebt es, man begleitet es – und dennoch gibt es Momente, in denen man denkt:

„Ich kann das nicht.“
„Ich bin nicht genug.“
„Warum bin ich so laut geworden?“

Diese Gedanken sind nicht selten. Sie sind menschlich. Und sie tun weh, weil sie direkt ins Herz schneiden.

Der unsichtbare Druck

Heute soll man alles sein:
achtsam, feinfühlig, geduldig, strukturiert, selbstreguliert – und berufstätig am besten gleich mit.

Kinder sollen „funktionieren“:
angepasst, ruhig, leistungsstark, sozialkompetent, stressresistent.

Das Problem ist:
Leben funktioniert nicht immer. Kinder auch nicht. Und Mütter schon gar nicht.

Und wenn etwas nicht ins System passt – sei es das eigene Verhalten oder das des Kindes – ist Scham oft nicht weit.

Wenn Scham Muttersein überschattet

Scham beginnt leise.
Ein schiefer Blick von außen, eine unpassende Bemerkung, ein ungewollter Ausbruch.
Vielleicht ein Moment, in dem man schreit, weil man einfach nicht mehr kann.

Und dann kommt dieser Satz im Kopf:

„Was stimmt nicht mit mir?“

Es fühlt sich an wie ein persönliches Versagen – obwohl es in Wahrheit ein Ausdruck von Erschöpfung ist.

Kinder, die „nicht ins System passen“

Es müssen nicht einmal große Auffälligkeiten sein.
Manchmal sind Kinder einfach nur eigenwillig, sensibel, laut, vorsichtig, wild oder introvertiert.

Nichts davon ist falsch.
Aber wenn die Umgebung darauf nicht vorbereitet ist, bekommt die Mutter die Rückmeldung:

„Das müssen Sie besser im Griff haben.“
„Ihr Kind ist schwierig.“
„Passt da etwas nicht zuhause?“

Worte, die treffen.
Worte, die brennen.
Worte, die Scham wachsen lassen.

Warum Scham so lähmend ist

Scham zieht nach innen.
Sie macht still.
Sie macht klein.
Sie macht allein.

Man vergleicht sich.
Man versteckt sich.
Man fragt sich ständig:
„Warum schaffen es andere besser als ich?“

Dabei sieht man nicht:
Auch andere kämpfen.
Nur anders, nur woanders, nur leiser.

Muttersein braucht Menschlichkeit – keine Perfektion

Es ist okay, nicht immer geduldig zu sein.
Es ist okay, überfordert zu sein.
Es ist okay, Grenzen zu haben.
Es ist okay, Hilfe zu brauchen.

Was Kinder wirklich brauchen, ist nicht Perfektion –
sondern Beziehung, Echtheit, Geborgenheit.

Und das haben viele Mütter, selbst in ihren scheinbar schlimmsten Momenten, mehr als genug.

Unsere Haltung

Wir sehen in unserer Arbeit viele Mütter: junge, ältere, erschöpfte, verzweifelte, starke.
Manchmal pflegen sie selbst, manchmal begleiten sie jemanden, manchmal tragen sie unausgesprochene Lasten aus der eigenen Geschichte – den eigenen Müttern gegenüber.

Wir begegnen Ihnen mit:

  • Wertschätzung, weil jede Mutter ihr Bestes versucht.

  • Respekt, weil niemand die ganze Geschichte kennt.

  • Achtsamkeit, weil Scham leise ist und oft gut versteckt.

Man darf sich zeigen – mit Brüchen, mit Gefühl, mit Menschlichkeit.
Und man darf lernen:
Fehler machen mich nicht zur schlechten Mutter.
Fehler machen mich zur echten Mutter.

Fazit

Muttersein ist ein Weg voller Liebe, aber auch voller Erwartungen.
Scham entsteht, wenn der Anspruch größer ist als die Kraft.
Und doch:
Man ist nicht allein.
Viele fühlen so.
Viele kämpfen so.
Viele brauchen – wie alle Menschen – einfach jemanden, der sieht:

„Du machst das gut.
Vielleicht nicht perfekt.
Aber gut.“

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