“Ich habe mir das Bein gebrochen” – Warum psychische Krankheiten noch immer nicht offen angesprochen werden

Stell dir vor, du hast dir ein Bein gebrochen – ganz selbstverständlich erzählst du deinem Umfeld davon. Du bekommst Verständnis, Mitgefühl und Unterstützung. Jetzt stell dir vor, du hast eine Depression, leidest an einer Angststörung oder stehst vor einem Burnout. Erzählst du deinem Umfeld genauso selbstverständlich davon?

Für die meisten Menschen lautet die ehrliche Antwort: Nein.

Körperliche vs. psychische Gesundheit – warum unterscheiden wir überhaupt?

 

Obwohl psychische Erkrankungen heute immer häufiger auftreten und mehr ins Bewusstsein der Gesellschaft rücken, sind sie immer noch von Scham, Unverständnis und Vorurteilen geprägt. Körperliche Verletzungen und Erkrankungen sind gesellschaftlich akzeptiert – psychische hingegen oft nicht. Dabei sind Depressionen, Ängste oder Burnout genauso real und belastend wie jede körperliche Erkrankung.

Warum fällt es so schwer, offen darüber zu sprechen?

 

Stigmatisierung bedeutet, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen häufig als schwach, „anders“ oder weniger belastbar wahrgenommen werden. Betroffene haben oft Angst, nicht ernst genommen zu werden, ausgegrenzt zu werden oder gar ihren Job zu verlieren, wenn sie sich offenbaren.

Diese Angst ist leider oft nicht unbegründet. Noch immer begegnen wir häufig Reaktionen wie:

  • “Du musst dich einfach zusammenreißen.”

  • “Sei doch einfach positiver.”

  • “So schlimm kann es doch nicht sein.”

 

Solche Aussagen tragen dazu bei, dass Betroffene lieber schweigen als Hilfe suchen.

Die Folgen von Stigmatisierung

 

Die Angst vor Stigmatisierung kann gravierende Folgen haben:

  • Betroffene holen sich keine professionelle Unterstützung – oder erst viel zu spät.

  • Probleme verschärfen sich, weil man versucht, sie allein zu bewältigen.

  • Soziale Isolation verstärkt sich, weil das Umfeld oft nicht weiß, wie es damit umgehen soll.

 

Was hilft gegen Stigmatisierung?

 

1.

Aufklärung und offene Gespräche

 

Je mehr wir über psychische Erkrankungen sprechen – im Alltag, bei der Arbeit, in der Familie – desto mehr normalisieren wir das Thema.

2.

Empathie statt Ratschläge

 

Es hilft, zuzuhören, anstatt vorschnell zu urteilen oder gutgemeinte, aber unpassende Ratschläge zu geben.

3.

Psychische Gesundheit als Teil des Alltags akzeptieren

 

Genauso selbstverständlich, wie man zum Arzt geht, wenn man Schmerzen hat, sollte man psychologische Unterstützung in Anspruch nehmen können, wenn man mental belastet ist.

Unsere Verantwortung als psychosoziale Spitex

 

Als Fachpersonen in der psychosozialen Spitex ist es unsere Aufgabe, Stigmatisierung entgegenzutreten. Wir tun das, indem wir unseren Klient:innen:

  • offen und verständnisvoll begegnen,

  • psychische Erkrankungen normalisieren und ernst nehmen,

  • aktiv aufklären – sowohl im direkten Gespräch als auch öffentlich.

 

Fazit: Niemand sollte sich verstecken müssen

 

Psychische Erkrankungen sind genauso ernst zu nehmen wie körperliche. Nur wenn wir offen darüber sprechen, bauen wir Vorurteile ab und schaffen ein Umfeld, in dem jeder Mensch Hilfe suchen darf – ohne Angst vor negativen Konsequenzen.

Es ist Zeit, psychische Gesundheit aus der Tabu-Ecke zu holen und ihr den Stellenwert zu geben, den sie verdient: als ein ganz normaler, menschlicher Teil unseres Lebens.

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