„Warum versteht mich niemand?“

„Warum versteht mich niemand?“ – Wenn es schwerfällt, Gefühle und Symptome in Worte zu fassen

„Ich fühle mich nicht verstanden“, „Ich kann nicht erklären, was mit mir los ist“ – diese Aussagen hören wir häufig von Klient:innen in der psychosozialen Spitex. Es kann unglaublich belastend sein, wenn die eigene Symptomatik oder die inneren Zustände für Außenstehende schwer nachvollziehbar sind. Betroffene fühlen sich oft unverstanden, isoliert und alleine gelassen.

Warum es so schwer ist, Symptome verständlich zu machen

Psychische Symptome – seien es Ängste, depressive Phasen, traumatische Belastungen oder Gefühle innerer Unruhe – sind oft unsichtbar und subjektiv. Anders als bei einem gebrochenen Bein oder einer offensichtlichen körperlichen Verletzung, sieht man psychische Belastungen nicht auf den ersten Blick. Das macht es besonders schwierig, sie anderen zu erklären.

Oft fehlen Betroffenen schlichtweg die Worte, um das, was sie empfinden, angemessen zu beschreiben. Wie erklärt man Angstzustände jemandem, der selbst nie darunter gelitten hat? Wie beschreibt man Gefühle innerer Leere, Depression oder intensive Anspannung einem Gegenüber, das solche Zustände nie erlebt hat?

Das Risiko der Isolation

Wenn es Menschen nicht gelingt, ihre Gefühle und Symptome verständlich zu machen, kann das weitreichende Folgen haben:

  • Soziale Isolation: Betroffene ziehen sich zurück, weil sie sich unverstanden fühlen oder weil ihnen immer wieder unterstellt wird, sie würden übertreiben.

  • Verschlechterung der Symptome: Je weniger Verständnis im Umfeld vorhanden ist, desto eher besteht die Gefahr, dass sich Symptome weiter verstärken.

  • Hilflosigkeit und Ohnmacht: Menschen können den Eindruck bekommen, sie wären mit ihren Empfindungen „falsch“, was Gefühle von Minderwertigkeit und Scham hervorruft.

Was hilft, wenn Worte fehlen?

🔹 Bilder und Metaphern verwenden

Oft helfen bildhafte Vergleiche, um innere Zustände zu beschreiben. Ein Gefühl der Angst könnte etwa wie eine schwere Decke beschrieben werden, die einem die Luft nimmt. Innere Leere könnte wie ein schwarzes Loch beschrieben werden, das jede Freude aufsaugt.

🔹 Kreativer Ausdruck

Manchen fällt es leichter, ihre Gefühle kreativ auszudrücken – z. B. durch Zeichnen, Malen oder Schreiben. Das ermöglicht oft einen besseren Zugang zu den eigenen Gefühlen und macht sie für andere sichtbar.

🔹 Professionelle Unterstützung nutzen

Psychotherapeut:innen und Fachpersonen aus der psychosozialen Spitex können helfen, Symptome besser verständlich zu machen – sowohl für die Betroffenen selbst als auch für ihr Umfeld.

🔹 Geduld mit sich selbst haben

Nicht immer braucht es sofort die perfekten Worte. Es darf Zeit brauchen, bis man sich selbst und die eigenen Zustände versteht und erklären kann.

Was Angehörige und Bezugspersonen tun können

Wenn jemand sich schwer damit tut, seine Symptome verständlich zu machen, ist es hilfreich:

  • geduldig zuzuhören, ohne vorschnell Lösungen anzubieten,

  • nicht zu bewerten oder Symptome zu bagatellisieren,

  • offen zu sagen, wenn man etwas nicht versteht, aber gleichzeitig zu vermitteln: „Auch wenn ich es nicht ganz nachvollziehen kann, nehme ich dich ernst.“

Fazit: Verständnis beginnt beim Zuhören

Es ist nicht leicht, unsichtbare Belastungen verständlich zu machen. Doch Verständnis beginnt nicht beim perfekten Erklären – es beginnt beim Zuhören. Wenn Betroffene spüren, dass ihr Gegenüber ernsthaft versucht zu verstehen, was sie empfinden, wird vieles leichter.

Gerade in der psychosozialen Spitex ist es unser Ziel, diese Brücke des Verstehens zu bauen – gemeinsam mit unseren Klient:innen. Denn jeder Mensch verdient es, verstanden zu werden – auch wenn die richtigen Worte vielleicht erst noch gefunden werden müssen.

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