Rückzug heisst nicht, dass Nähe nicht gebraucht wird.

Wenn ein Mensch sich zurückzieht – und wir keinen Zugang finden

 

Es gibt Zeiten, in denen wir spüren: Mit einem Menschen in unserem nahen Umfeld stimmt etwas nicht. Er oder sie zieht sich zurück, wird stiller, wirkt abwesend oder vermeidet Begegnungen. Wir merken: Da ist etwas. Und doch – wir kommen nicht durch.

Dieses Gefühl von Hilflosigkeit ist schwer auszuhalten. Denn der Wunsch, zu helfen, zu verstehen oder einfach da zu sein, trifft auf eine unsichtbare Mauer.


 

Warum Rückzug passiert

 

Rückzug ist oft ein Zeichen, dass ein Mensch überfordert ist – innerlich oder äußerlich. Gründe können sein:

  • Psychische Belastung oder Krise: Depression, Trauma oder Erschöpfung führen oft dazu, dass Kontakt als zu viel empfunden wird.

  • Scham und Schuldgefühle: Betroffene glauben, sie müssten „funktionieren“ oder ihre Gefühle verbergen.

  • Schutzmechanismus: Rückzug ist manchmal der einzige Weg, um sich innerlich zu stabilisieren.

 

Wichtig: Rückzug bedeutet nicht, dass Nähe oder Unterstützung nicht gebraucht wird – nur, dass sie im Moment schwer angenommen werden kann.


 

Wie sich das Umfeld fühlt

 

Wer miterlebt, wie ein geliebter Mensch sich entzieht, empfindet oft:

💔 Sorge – „Geht es ihm/ihr sehr schlecht?“

💔 Hilflosigkeit – „Was soll ich tun?“

💔 Frustration – „Warum lässt er/sie mich nicht näher ran?“

💔 Schuld – „Mache ich etwas falsch?“

All diese Gefühle sind normal – sie zeigen, wie sehr uns der Mensch am Herzen liegt.


 

Was helfen kann – kleine Impulse

 

Es gibt kein Patentrezept, aber manchmal helfen kleine Schritte:

Da sein, ohne zu drängen

Eine kurze Nachricht: „Ich denke an dich“ – ohne Erwartung einer Antwort.

Interesse zeigen, nicht kontrollieren

Fragen wie „Wie geht es dir?“ können Druck erzeugen. Stattdessen: „Magst du erzählen, wie dein Tag heute war?“

Routinen anbieten

Ein Spaziergang, ein gemeinsamer Kaffee – kleine, einfache Angebote können Nähe erleichtern.

Geduld haben

Heilung oder Öffnung brauchen Zeit. Manchmal mehr, als wir glauben.

Eigene Grenzen wahren

Auch für Angehörige und Freunde ist es wichtig, gut auf sich selbst zu achten. Wir können Halt geben – aber nicht die ganze Last tragen.


 

Fazit: Nähe zeigen, auch wenn Distanz da ist

 

Wenn ein Mensch sich zurückzieht, heißt das nicht, dass er uns nicht braucht. Oft ist das Gegenteil der Fall – Nähe wird gewünscht, aber sie kann nicht eingefordert werden.

Wichtig ist, den Rückzug nicht persönlich zu nehmen.

Manchmal reicht es, einfach da zu sein, Signale von Verlässlichkeit zu senden und zu warten, bis die Tür sich von innen wieder ein Stück öffnet.

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